Was erwartet die Öffentlichkeit? Wie ist das Selbstbild der Wirtschaft? Und welche Ansatzpunkte lassen sich daraus für mehr Akzeptanz ableiten? Unsere neue Studie gibt Antworten.
Immer mehr politische Entscheidungen zu immer komplexeren Themen müssen immer rascher gefällt werden. Umso mehr sind Regierungen und Parlamente In ihren Meinungsbildungs- und Gesetzgebungsprozessen auf die Expertise vieler gesellschaftlicher Gruppen angewiesen. Und müssen dabei einen fairen Wettstreit gewährleisten.
Wie nehmen die Menschen politische Interessenvertretung allgemein wahr? Wie blicken sie im Besonderen auf die Wirtschaft? Und wie sieht die Wirtschaft ihrerseits Wirklichkeit und Anspruch der politischen Interessenvertretung? Anschließend an unsere Studie aus dem Jahr 2021 haben wir einerseits Bürger*innen repräsentativ befragt. Andererseits haben wir erstmals Interessenvertreter*innen aus Unternehmen und Verbänden um Einschätzungen gebeten. Denn: Gute politische Entscheidungen erfordern ein gemeinsames Verständnis verantwortlicher Interessenvertretung. Die zentralen Ergebnisse:
Wahrnehmung von Interessenvertretung: Im Prinzip sinnvoll, aber im konkreten Nutzen umstritten
Kritisiert wird weniger das „ob“, sondern vielmehr das „wie“ politischer Interessenvertretung. Umso mehr sollte es sich für die Protagonisten lohnen, weiter in sichtbare Orientierungen, Aufklärung und Dialog zu investieren.
Einfluss der Wirtschaft wird am stärksten wahrgenommen – und als zu hoch bewertet
Mit deutlichem Abstand schreiben die Befragten Unternehmen und Wirtschaftsverbänden den größten Einfluss auf die Gesetzgebung zu – und bewerten die wahrgenommene Dominanz negativ. Wenn die Wirtschaft diese (aus ihrer Sicht unzutreffende) Wahrnehmung verändern will, muss sie im Dialog bleiben und ihr politisches Engagement aktiv(er) erklären.
Kern der Skepsis: Angenommene Unvereinbarkeit von Eigeninteresse und Gemeinwohl
Fairness in der Interessenvertretung wird über alle Gruppen hinweg eher kritisch wahrgenommen. Vor allem vermutet die große Mehrheit ein grundsätzlich konfliktäres Verhältnis von Wirtschaftsinteressen und Gemeinwohl. Hier liegt ein konkreter Ansatzpunkt für Responsible Lobbying: Wie machen Unternehmen und Verbände die Gemeinwohlperspektive in ihren Abwägungen und Positionen nachvollziehbar(er)?
Wirtschaft sollte wirtschaftsnahe Themen in der Interessenvertretung priorisieren
In der politischen Interessenvertretung erwarten die Menschen von der Wirtschaft zuvorderst Engagement für wirtschaftsnahen Themen wie Arbeitsplätze, Bildung/Ausbildung, Wettbewerbsfähigkeit und Klimawandel. Weniger wird dagegen Interessenvertretung bei Grundsatzthemen wie Inklusion und Vielfalt oder geopolitischen Konflikten erwartet.
„Harte Faktoren“ kurzfristig erfolgsentscheidend – Verhaltenskodizes langfristig wirksam
Der Erfolg von Interessenvertretung hängt aus Sicht der Wirtschaft zuvorderst von „harten“ Faktoren ab. Dazu passt, dass in der öffentlichen Wahrnehmung Fairness in der Interessenvertretung eine eher begrenzte Rolle spielt. Aber: Zugleich bescheinigt die Mehrheit der Interessenvertreter*innen Verhaltenskodizes positive Wirkungen. Umso wichtiger erscheint es, diese und ähnliche Instrumente aktiver für mehr Transparenz und Akzeptanz zu nutzen.
Ausgehend von der Studie haben wir bereits verschiedene Dialoge mit Interessenvertreter*innen geführt. Wir planen nun eine Folgestudie, die das Thema „politische Unternehmensverantwortung“ im größeren Zusammenhang von „Wirtschaft und Demokratie“ in den Blick nimmt.
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