Mehrheit steht hinter klimaneutralem Industrieumbau: WZGE-Studienreihe erstmals mit europäischen Daten

Wie blicken Beschäftigte in Zeiten anhaltender Herausforderungen auf den industriellen Wandel in Europa? Mit Förderung der E.ON Stiftung haben wir unsere Studienreihe um Perspektiven aus Frankreich und Polen erweitert.

>>> Zum Download der Studie <<<
"Sustainable Industry in Europe: Guidelines for a just Transformation"

Wie schauen die Menschen als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf den klimaneutralen Umbau der Industrie? Und wie haben sich Akzeptanz und Erwartungen angesichts geopolitischer Krisen, wirtschaftlicher Unsicherheiten und politischer Umbrüche verändert? WZGE und E.ON Stiftung haben ihre jüngste Studie vom April 2025 erstmals um repräsentative Daten aus Frankreich und Polen ergänzt. Das daraus entstandene Meinungsbild liefert differenzierte Einblicke in Präferenzen, Erwartungen, Bereitschaft und Akzeptanzfaktoren zum industriellen Wandel in Europa.

Drei zentrale Ergebnisse:

  • Breite Zustimmung zur Transformation: In allen drei Ländern lehnt eine deutliche Mehrheit eine Verlangsamung des klimaneutralen Industrieumbaus ab – 80 % in Deutschland, 86 % in Frankreich und 83 % in Polen. Besonders in Frankreich ist der Wunsch nach einer Beschleunigung stark ausgeprägt (51 %), dicht gefolgt von Deutschland (49 %) und Polen (43 %).
  • Wirtschaftliche Perspektiven sind zentral: Je positiver die eigene Beschäftigungsperspektive im Wandel eingeschätzt wird, desto höher ist die Bereitschaft, sich aktiv an diesem Wandel zu beteiligen. In Deutschland liegt die Mitwirkungsbereitschaft bei beeindruckenden 87 % unter jenen mit sehr positiven Joberwartungen – bei nur 5 % unter jenen mit sehr negativen. In Frankreich zeigt sich ein ähnliches Bild: 85 % vs. 16 %. In Polen, wo die allgemeine Zuversicht höher ist, liegt die Bereitschaft bei 77 % vs. 8 %.
  • Soziale Spaltung als Risiko: In allen Ländern ist die Bereitschaft zur Mitwirkung an der Transformation bei Menschen mit höherem sozialen Status deutlich ausgeprägter. In Deutschland liegt sie bei 57 % (vs. 38 % in der niedrigsten Gruppe), in Frankreich bei 62 % (vs. 44 %) und in Polen bei 60 % (vs. 40 %).

Handlungsempfehlungen für Führungskräfte:

  • Wirtschaftliche Chancen betonen: Wer Menschen für den Wandel gewinnen will, muss Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und regionale Perspektiven in den Mittelpunkt stellen. Wo das BIP wächst, blicken Menschen optimistischer auf die Transformation – insbesondere mit Blick auf Arbeit, Wirtschaft und sozialen Zusammenhalt. Entscheidend ist daher, positive Zusammenhänge zwischen Klimaneutralität und persönlichen Beschäftigungsaussichten hervorzuheben – und einem „Entweder-oder“ entgegenzuwirken.
  • Sozial benachteiligte Gruppen gezielt ansprechen: Obwohl in allen drei Ländern die meisten Menschen persönlich bereit sind, Veränderungen mitzutragen, glauben jeweils nur eine kleine Minderheit, dass auch andere bereit sind, einen Beitrag zu leisten. Besonders ausgeprägt ist diese Skepsis in sozial und wirtschaftlich benachteiligten Milieus, die bereits stark unter bestehenden Belastungen leiden. Um gesellschaftliche Teilhabe und Akzeptanz zu sichern, sollten insbesondere diese Gruppen durch sichtbare und glaubwürdige Maßnahmen gezielt einbezogen werden.
  • Europäische Zusammenarbeit stärken: In allen drei Ländern spricht sich eine Mehrheit der Bevölkerung für eine klimaneutrale industrielle Transformation aus, die mit vergleichbarer oder höherer Geschwindigkeit als bisher umgesetzt wird. Die Erwartungen an die nationalen Regierungen fallen dabei ähnlich aus. Diese klaren und länderübergreifenden Einstellungen unterstreichen die Notwendigkeit enger europäischer Zusammenarbeit – und müssen gegenüber populistischen Narrativen und nationalen Alleingängen klar verteidigt werden.

„Unsere Daten zeigen: Trotz Krisen wollen die Menschen in Europa eine klimaneutrale Industrie und keine Kehrtwende. Zugleich rücken Arbeitsplatzsicherheit und wirtschaftliche Stabilität immer mehr in den Fokus. Notwendig sind also politische Entscheidungen, die Klimaziele und Wettbewerbsfähigkeit verbinden, anstatt sie gegeneinander auszuspielen“, betont Martin von Broock, Vorstandsvorsitzender des WZGE.

Stephan Muschick, Geschäftsführer der E.ON Stiftung ergänzt: „Die Ergebnisse dieser Studie sind ein starkes Signal an die Politik: Die Menschen sind bereit, ihren Beitrag zu leisten – wenn sie mitgenommen werden. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und gesellschaftlicher Polarisierung ist es entscheidend, dass die Transformation nicht nur ökologisch notwendig, sondern auch sozial tragfähig gestaltet wird. Die EU-Energieminister haben nun die Gelegenheit, diesen Rückhalt bei ihren Entscheidungen zu nutzen.“

Die vollständige Studie mit allen Ergebnissen und Handlungsempfehlungen hier zum Download

 

Zur Befragung: Das WZGE hat in Zusammenarbeit und mit Förderung der E.ON Stiftung die Studie im Rahmen des Projekts Fortschritt vorantreiben – Vertrauen in Dekarbonisierung und Digitalisierung fördern durchgeführt. In Kooperation mit infas quo wurden im Februar und Mai 2025 insgesamt über 4.300 aktuelle und zukünftige Beschäftigte aus Deutschland, Frankreich und Polen online befragt.

Kontakt:
Sabine Wellnitz | Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik
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